Eines Tages sah das kleine Mädchen ein Pferd auf der Weide stehen. Das Pferd sah dem kleinen Mädchen tief in die Augen und sagte: „Ich bin ein verwunschener Prinz. Wenn du mich reitest, werde ich mich zwar nicht zurückverwandeln, aber du wirst glücklich werden.“ „Mami, Mami,“ sagte darauf das kleine Mädchen, „ich will das Pferd haben!“ Die Mutter lächelte leicht gequält, „aber meine Prinzessin, sieh doch mal wie groß das Pferd ist, es ist bestimmt dreimal so groß wie du, hast denn gar keine Angst?“ „Nein überhaupt nicht, ich will es haben, ich will, ich will, ich will!“ Und das kleine Mädchen hatte einen starken Willen. „Aber sieh die großen, fleckigen Zähne, es wird dich beißen.“ „Nein,“ sagte das Mädchen, „fühl doch mal die weiche Schnauze.“ Die Mutter gab nicht auf, „und erst diese großen, unberechenbaren Hufe. Es wird dich treten und deine Knochen zerschmettern.“ Das kleine Mädchen verdrehte die Augen und hüpfte von einem Bein aufs andere, „es ist soooooo süß. Bitte Mami! Ich räum auch jeden Tag die Spülmaschine aus.“ „Ach, Schluss jetzt! Wir wohnen in einer Mietwohnung in der Stadt, haben keinen Garten und Geld haben wir auch nicht. So und jetzt lass uns gehen!“ Sehnsüchtig schmachtend flüsterte das Mädchen dem Pferd etwas ins Ohr und trottete der Mutter hinterher.
Es folgten jahrelanger Reitunterricht und ein Kinderzimmer, das mit Pferdebildern zugepflastert wurde. Erstaunt beobachtete die Mutter wie das Mädchen, das bislang keinen Dreck mochte, dem Pferd die Hufe auskratzte. War das etwa kein Dreck? Jedes Pferd hatte einen Namen und eine Geschichte (sprich eine Persönlichkeit). „Also die Luna, Mama, komm mal her und streichel die doch mal, die ist gaaaanz lieb, also zumindest solange wie die Kiki nicht da ist, die können sich nicht so gut leiden. Und schau mal da, da kommt der Panjanos (der wer?), der wird bald zugeritten und dann möchte ich ihn reiten. Das ist nämlich der Sohn von der Luna. Jaaaaa, na komm mal her. Guck mal meine Mutter ist heute da, die hat son bisschen Angst vor Pferden. Jaaaaa, ist gut. Bist ein ganz wilder, hm?
Der Mutter war neu, dass Pferde unsere Sprache sprechen, die Tochter schien jedoch davon überzeugt zu sein. Wo das noch hinführen sollte? Die Mutter hoffte auf die Pubertät und andere dann einsetzende Interessen.